Zehn Argumente gegen die veraltete Planung
eines Industrie- und Gewerbegebietes „Am Hohen Stein"

Mit dem Industrie- und Gewerbegebiet „Am Hohen Stein" strebt die Stadt Worms in Bezug auf künftige Gewerbeflächen mit einem Flächenverbrauch von 140 Hektar die ganz große Lösung an: Im Westen der Stadt soll zwischen Heppenheim und Pfeddersheim auf dem Höhenzug entlang der B47 ein Industrie- und Gewerbe­gebiet von der Größe Pfeddersheims entstehen
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1. Schadet dem Stadt-Klima

Der Höhenrücken des Hohen Steins liegt direkt in der Frischluft-Schneise des Stadt­zentrums. Aus der vorherrschenden Windrichtung West / Süd-West strömt unbelastete Luft vom Pfälzer Wald heran. (Bei Nord- oder Südwind ist die Luft von den Ballungsgebieten am Rhein belastet.)

Die unversiegelten Flächen des hohen Steins sind das wichtigste Kaltluft-Entstehungs­gebiet der Stadt. Eine Bebauung wäre in der „Klimaanlage der Stadt" eine Heizung, der der Aus-Schalter fehlt. Die Erwärmung und Staubbelastung der Stadt würde sich zum Klimawandel addieren und diesen für die Menschen weiter verschärfen.

2. Beste Böden gehen unwiederbringlich verloren

Am Hohen Stein handelt es sich um besonders fruchtbare Böden. Sie erreichen 80 – 90 von max. 100 möglichen Bodenpunkten (alternative Standorte enthalten 45er Böden). Gute Böden liefern hochwertige Lebensmittel auch bei Klima­schwankungen und mit weniger Dünger als magere Äcker. Der ungezügelte Flächen­verbrauch ist für Deutschland als Umweltproblem erkannt. Was fehlt, sind Taten gegen das Zubetonieren.

3. Lockt Industrie und Logistik

Aufgrund seiner Größe und Lage ist der hohe Stein ein gefundenes Fressen für Flächen-Großverbraucher wie Logistiker (Platz und nahe Autobahn). Noch mehr Logistik mit Billig-Jobs aber hilft Worms nicht. Auch ansiedlungswillige Industrie mit Emissionen müsste am Hohen Stein geduldet werden, obwohl sie anderorts in Worms nicht zulässig wäre. Die Folge: Feinstaub und Belastung in der Haupt-Windrichtung. Großunternehmen bergen aufgrund ihrer Monostruktur Risiken für eine Kommune. Platz für mittlere Firmen gibt es in Worms (siehe 9 ha Evonik).

4. Defizitäres Großprojekt hinterlässt Schulden

Mit der Größe Pfeddersheim überdimensioniert, entstünde ein komplett neuer Stadtteil ohne jeglichen Zusammenhang mit bestehender Bebauung. Die isolierte Lage verursacht unverhältnis-mäßig hohe Kosten, die über den Verkauf nicht wieder eingespielt werden können. Aufgrund der Größe wird der Abverkauf Jahrzehnte dauern. So lange muss vorfinanziert werden. Eine Wirtschaftlichkeit ist nicht in Sicht und wird noch nicht einmal von Befürwortern behauptet.

5. Es gibt Alternativen

Die Stadtverwaltung benennt drei Standortalternativen, der Hohe Stein ist nur eine davon. Allerdings die Größte und Teuerste. Die Stadtverwaltung selbst gibt an, dass der „Eingriff ins Landschaftsbild nicht ausgleichbar" ist.
Der Hohe Stein vernichtet hochwertige 90er Böden. Variante 2 enthält mittlere 60er und Variante 3 gar magere 45er Böden.

  • Zur Festlegung auf den Hohen Stein gab es Gegenstimmen aus mehreren Fraktionen
  • Es erfolgte keine Bedarfsanalyse
  • Es erfolgte keine Risikobewertung
  • Es erfolgte keine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

6. Naturzerstörung

Der Hohe Stein ist eine Kultur- und Naturlandschaft. Die landwirtschaftliche Nutzung ist die Grundlage für viele Tiere und Pflanzen, die sich als sog. „Offenland-Arten" an die Felder angepasst haben. So brüten oder leben im Gebiet mindestens 12 nachgewiesene Vogelarten, darunter mit Grauammer, Feldlerche und Rebhuhn drei bedrohte Arten, die auf der Roten Liste als gefährdet oder stark gefährdet geführt werden.

Neben Niederwild wir Rehen und Feldhasen bietet die blühende Landschaft auch Nützlingen wie Bienen und Insekten oder Faltern und Schmetter­lingen Nahrung. Nicht zuletzt, da etliche Flächen biologisch bewirtschaftet werden und der Obstanbau integriert erfolgt, wachsen auch seltene Pflanzen am Hohen Stein. Mit Acker-Rittersporn und dem Blauen Gauchheil wurden auch zwei bedrohte Pflanzenarten der Roten Liste nachgewiesen.

Natürlich zehrt jede Bebauung Natur, besonders gravierend aber sind die Schäden, wenn wie hier mitten in freies Gelände geplant wird. Daher kennt jeder Stadtplaner den Grundsatz: „Innenentwicklung geht vor Außenentwicklung!" Diese Maxime wird am Hohen Stein ignoriert.

7. Regionale Erzeugung hochwertiger Lebensmittel gefährdet

Wir können nicht alles von anderswo kaufen. Letztes Jahr wurde der Zucker knapp, weil wir schon dabei auf Einfuhren angewiesen sind. Es macht auch keinen Sinn, Lebensmittel um den halben Globus zu importieren, nur weil wir hier unsere fruchtbaren Böden versiegeln. Außer der Menge, geht es dabei um Qualität und Sicherheit. Regionale Lebensmittel sind erheblich besser kontrolliert, gesünder für Mensch und Umwelt und vor allem: frischer. Regionale Wertschöpfungsketten kommen auch finanziell vielen zugute, weit über die direkten Erzeuger hinaus.

8. Arbeitskräfte fehlen

Schon heute herrscht ein Mangel an Fachkräften, der die wirtschaftliche Ent­wicklung behindert. Hand­werk, Mittel­stand und Technologie-Firmen verlieren Geschäft, weil keine Mitarbeiter zu bekommen sind. Im Gesundheits­wesen ist der Mangel an Kräften eklatant und verschärft sich durch die demografische Ent­wicklung weiter. Die geburtenstarken Jahrgänge nähern sich der Rente während die Zahl der Berufsanfänger immer kleiner wird. Viele Lehrstellen können schon nicht mehr besetzt werden.

Woher also sollen Arbeitskräfte für sehr große Gewerbeansiedlungen in 15-20 Jahren kommen? Neu angesiedelte Großunternehmen müssten ansässigen Firmen Mitarbeiter abwerben oder Pendlerströme auslösen.

9. Enteignung ist unsozial

Die Stadt Worms besitzt derzeit 21,4% der benötigten 140 Hektar Fläche. Die Eigentümer sind nur zum Teil Landwirte, viele sind Privatpersonen, Erbengemeinschaften oder Stiftungen. Die Grund-besitzer, die nicht verkaufen wollen, würden dazu durch eine „kalte Enteignung" gezwungen. Entweder müssen sie z.B. 10.000 € Erschließungsbeiträge zahlen oder ihr Eigentum wird ihnen genommen und eine Ersatzfläche zwangs-zugewiesen, die zuvor einem Pächter abgenommen wurde.

10. Landwirtschaft zahlt die Zeche

Ihr wird buchstäblich der Boden entzogen: Die Vernichtung von 140 Hektar bester Böden führt zu einem Domino-Effekt: Wer Äcker verliert, versucht in Nachbargemeinden zu pachten oder zu kaufen. Das treibt die Preise und Kosten. Der wirtschaftliche Schaden geht über das Gebiet von Worms hinaus. Einzelne Betriebe müssten schließen. Junge Landwirte verlieren Zukunftsperspektiven.